Ilham Tohti

 

Ilham Tohti ist der bekannteste uigurische Intellektuelle in der Volksrepublik China. Mehr als zwei Jahrzehnte hat er unermüdlich versucht, auf die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Missstände in Xinjiang hinzu­weisen und einen Dialog zwischen Uiguren und Han-Chinesen anzustoßen. Er hat für Verständnis zwischen den Volksgruppen geworben und immer wieder gemahnt, eine friedliche Lösung zu finden und ein konstruktives Miteinander zu ermöglichen. Das Ergebnis seiner Bemühung ist, dass er im September 2014 nach einem zwei­tägigen Schauprozess zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.

Ilham Tohti wurde 1969 in Artush, Xinjiang, geboren. Er studierte in Peking an der Zentralen Nationalitäten-Universität (Minzu University of China) und lehrte dort auch später am Institut für Wirtschaftswissenschaften. Er war ein anerkannter Experte für Wirtschafts- und Sozialfragen in Xinjiang und Zentralasien. Da er als Wissenschaftler die Ursache der Probleme klar erkannte und offen ansprach, wurde er bereits seit 1994 behördlich überwacht und zeitweise von der Lehre ausgeschlossen.

Dennoch gründete er 2006 die Webseite Uyghurbiz.net bzw. Uyghur Online, und zwar auch in chinesischer Sprache, weil er die breite Öffentlichkeit auf die Probleme der Uiguren in Xinjiang aufmerksam machen und auf diese Weise einen offenen Dialog und ein konstruktives Miteinander ermöglichen wollte. Die Seite wurde mehrmals gesperrt und die Autoren unter Druck gesetzt. 2009 beschuldigte man Ilham Tohti, über seine Webseite Verursacher der blutigen Unruhen in Urumchi und Kashgar gewesen zu sein. Er wurde verhaftet, kam jedoch auf internationale Petitionen hin wieder frei.

In den folgenden Jahren stand er wiederholt unter Hausarrest, im Januar 2014 wurde er abermals verhaftet und am 23. September 2014 vom Mittleren Volksgericht von Urumchi zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Sein Vermögen wurde beschlagnahmt.

Begründung des Urteils: Separatismus. Doch gerade das hatte Ilham Tohti immer vehement abgelehnt. Er wollte Verständnis für die problematische Situation der Uiguren wecken und dadurch die Basis für ein friedliches Zusammenleben von Uiguren und Han-Chinesen schaffen. Was er erreichen wollte, war die Autonomie, die Xinjiang und den Uiguren seit 1955 offiziell zusteht, denn nur in einem Klima von Gleich­berechtigung und Vertrauen kann man erreichen, dass die Kluft zwischen den Volksgruppen nicht immer tiefer, sondern überwunden wird. Doch offensichtlich war es der Regierung nicht recht, dass die breite Öffentlichkeit erfährt, was in der Verfassung steht und wie sehr die bestehenden Gesetze missachtet werden.

Westliche Regierungen und die Europäische Union verurteilten Ilham Tohtis Verhaftung und Verurteilung. Er erhielt im Mai 2014 den Barbara Goldsmith Freedom to Write Award des PEN America Centers und im Januar 2016 richteten mehrere Hundert Akademiker Petitionen an die chinesische Regierung, um seine Freilassung zu erreichen. 2016 wurde er für den Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments nominiert und erhielt den Martin Ennals Award. 2017 ehrt ihn die Stadt Weimar mit dem Menschenrechtspreis der Stadt Weimar, die Liberale Internationale (Liberal International) mit dem Prize for Freedom und die Initiatives for China mit dem Citizen Power Award.

2019 wurde Ilham Tohti für den Friedensnobelpreis nominert und am 30.09.2019 erhielt er im Europarat in Straßburg den Vázlav-Havel-Menschenrechtspreis und ebenso den Sacharow-Preis für Menschenrechte.

 

Weitere Informationen zu Ilham Tohti:

 

Statement to the Uyghur Service, Radio Free Asia before his arrest, July, 2013. http://bit.do/statement-uyghur

My Ideals and the Career Path I Have Chosen by Ilham Tohti. http://bit.do/ideals-career

Present-Day Ethnic Problems in Xinjiang by Ilham Tohti. http://bit.do/xinjiang-analysis

Voice of America Interview with Uyghur Professor Ilham Tohti in 2013 http://bit.do/voa-interview

Ilham Tohti, a 30-minute Documentary http://bit.do/ilhamtohti